Wer häufiger in der Natur unterwegs ist, dem dürfte nicht entgangen sein, dass Bäume auf Obstwiesen in vielen Gegenden zunehmend mit Misteln besetzt sind. In den Wintermonaten bzw. der laublosen Zeit fallen sie besonders stark auf.
Misteln sind immergrüne Halbschmarotzer, die auf den Ästen von Bäumen sitzen. Mit Hilfe ihrer Blätter können sie zwar selbst Photosynthese betreiben, durch ihre Wurzeln, die in die Bäume eindringen, entziehen sie diesen jedoch Wasser und darin gelöste Nährstoffe.
Die Mistel blüht im Februar und März. Ab Ende Juni entwickeln sich die weißen, kugelrunden Beeren, die im Spätherbst/Winter dann reif sind. Der Samen ist von einem klebrigen Fruchtfleisch umgeben. Misteln sind zweihäusig, d. h. es gibt weibliche und männliche Pflanzen. Die Verbreitung der Samen erfolgt durch Vögel, die die Beeren fressen und die unverdauten Samen wieder ausscheiden.
Die jungen Mistelpflanzen dringen mit Hilfe sogenannter Haustorien (Saugorgane) in das Gewebe ihrer Wirtspflanzen ein. Durch das Dickenwachstum der Äste werden die Wurzelansätze im Laufe der Zeit immer stärker überwallt, so dass eine stabile Verbindung zwischen Mistel und Baum entsteht. Die Mistel kann nach einigen Jahren Büsche von beachtlichem Ausmaß bilden. Im Winter sehen stark befallene Bäume daher häufig wie immergrüne Pflanzen aus.
Der Nährstoffentzug durch die Misteln führt zu nachlassender Vitalität und Fruchtbarkeit der Obstbäume, bis hin zum Eintrocknen von Ästen und langfristig auch zum Absterben des ganzen Baumes.
Für den Erhalt von Streuobstwiesen ist es daher von großer Wichtigkeit, dass die Misteln entfernt werden. Hauptproblem dabei ist, dass viele Streuobstbäume heutzutage kaum mehr regelmäßig geschnitten werden und der Mistelbesatz damit immer mehr zunimmt.
Vielfach hält sich auch das Gerücht, dass Misteln nicht entfernt werden dürften. Diese Aussage ist jedoch falsch. Misteln stehen nicht unter Naturschutz und dürfen jederzeit beseitigt werden. Nur wer erwerbsmäßig damit handelt, muss ggf. eine Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde haben, die in aller Regel erteilt wird, da die Mistel ja keine bedrohte Art ist.
Mistelzweige werden aus Tradition schon seit langer Zeit an Weihnachten zuhause im Türrahmen oder an der Decke aufgehängt. Paare die sich darunter küssen, sollen Glück und ewige Liebe erfahren. Eine gute vorweihnachtliche Aktion könnte es demnach sein, seine Streuobstbäume von Misteln zu befreien, die Pflanzen zu Dekorationszwecke zuhause zu nutzen, an Bekannte zu verschenken oder vielleicht im Rahmen einer Spendenaktion zu verkaufen.
Quellenhinweise:
Text verfasst von Thomas Riehl,
erschienen im Gartenratgeber 12/21,
Bayerischer Landesverband für Gartenbau und Landespflege e. V.